Kreativität und Solidarität sind in der Stadt Bad Bevensen mehr denn je gefragt. Der Corona-Lockdown macht der auf Tourismus ausgerichteten Kurstadt schwer zu schaffen. Eine Haushaltssperre ist die Folge, schließlich ist die Stadt auf die Einnahmen angewiesen. Nun will Bad Bevensen den durch die Corona-Krise besonders betroffenen Tourismusbetrieben finanziell unter die Arme greifen.
„Wir haben bereits erste konkrete Vorschläge erarbeitet und den im Stadtrat vertretenen Fraktionen und Gruppen vorgestellt“, informiert Stadtdirektor Martin Feller. Doch nicht nur die Politik soll die Prozesse ausarbeiten und diskutieren, sondern es sollen ausdrücklich auch alle Einwohnerinnen und Einwohner und natürlich die betroffenen Gruppen wie Hoteliers oder Vermieter von Ferienwohnungen in den Prozess einbezogen werden. Die Ideen sollen in einem breiten Bürgerdialog vorgestellt und begleitet werden. Hierzu wird auf der Homepage der Samtgemeinde Bevensen-Ebstorf unter dem Mängelmelder „Sags uns einfach“ die Kategorie „Kommunales Förderprogramm der Stadt Bad Bevensen“ eingerichtet, in der Anregungen, Hinweise und Meinungen gesammelt werden. Politische Streitigkeiten, so Fellers Hoffnung, sollen in der aktuellen Situation außen vorgelassen werden.
Zu den Vorschlägen der Stadtverwaltung zählen zwei Sofortmaßnahmen: die längerfristige Stundung von Tourismusbeiträgen des Veranlagungsjahres 2020 bis ins Jahr 2023 in der Hoffnung, dass sich der Tourismus bis dahin deutlich erholt hat und die Bürgschaftshilfen für Kredite von Corona betroffenen Betrieben. Für Bürgschaftshilfe ist ein Einverständnis der Kommunalaufsicht des Landkreises Uelzen notwendig. Ein erstes Gespräch hat es bereits gegeben.
Der dritte Vorschlag der Stadtverwaltung baut auf Solidarität: Durch eine befristete Anhebung der Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft) und B (Grundstücksbesitzer) auf drei Jahre will die Stadt ein Förderprogramm ins Leben rufen. Von diesem Förderprogramm sollen stark betroffene Beherbergungsbetriebe unterstützt werden. „Wir rechnen durch diesen Solidarpakt mit rund 450.000 Euro pro Jahr, wenn wir die Grundsteuer A und B um 100 Punkte erhöhen“, erläutert der Stadtdirektor. Doch sind an die Förderungen auch Bedingungen geknüpft: Die Beherbergungsbetriebe dürfen nicht schon vor der Corona-Krise in Schwierigkeiten gewesen sein und seitens der Bad Bevensen Marketing GmbH (BBM) werden Richtlinien für ein Zukunftskonzept erstellt, das die Betriebe erfüllen müssen. Mit den städtischen Maßnahmen zur Corona-Soforthilfe sollen eben nicht nur Betten gesichert werden. Es sollen gezielt Anreize gegeben werden, die Betriebe zukunftsfähig aufzustellen und sie fit für die Ansprüche der heutigen und künftigen Gäste zu machen.
Um das aktuelle Dilemma der Stadt besser verstehen zu können, hilft ein Blick zurück: Seit den 90er Jahren sinkt die Zahl der Übernachtungszahlen. In den letzten Jahren ist zwar ein Aufwärtstrend erkennbar – ein Tourismusboom wie an Nord- oder Ostsee gibt es in Bad Bevensen allerdings nicht. Zudem droht der Samtgemeinde Bevensen-Ebstorf und damit auch der Stadt Bad Bevensen von den aktuellen Finanzhilfen des Landes ausgeschlossen zu werden, da sie zu Kommunen gehört, die aufgrund des Strukturwandels – der Fusion 2011 – bereits Finanzmittel erhalten haben. Zu den Auflagen dieses Strukturwandels gehörten insbesondere in der Stadt einschneidende Konsolidierungsmaßnahmen, um den Zukunftsvertrag mit dem Land Niedersachsen erfüllen zu können.
Im Hier und Jetzt zählt die Stadt trotz der Corona-Situation auch künftig auf den Tourismus. Laut einer Auswertung der dwif-Consulting GmbH aus München, die von der BBM beauftragt wurde, gibt es alleine im März/April Umsatzeinbußen in Höhe von 12,4 Millionen Euro. Nach derzeitigen Berechnungen muss der Tourismus in Bad Bevensen wöchentlich Umsatzeinbußen in Höhe von 1,5 Millionen Euro hinnehmen. 147 touristische Übernachtungen in Ferienwohnungen oder –häusern zählt die BBM in der ersten Woche der Lockerungen nach dem Corona-Shutdown. „Der Tourismus fährt langsam wieder an und wir sind dabei, mit Marketingmaßnahmen auf Bad Bevensen aufmerksam zu machen“, weiß Gerhard Kreutz, Geschäftsführer der BBM. Stark frequentiert sind insbesondere die Wohnmobilstellplätze.
Es ist als Folge der Corona-Pandemie generell zu erwarten, dass der Deutschlandtourismus zulasten der Fernurlaube zunehmen wird. Dafür müssen Beherbergungskapazitäten erhalten, das Fremdenverkehrs-Marketing zielgerichtet intensiviert werden. Wenn das gelingt, kann der Tourismusstandort Bad Bevensen gestärkt aus der Krise hervorgehen. „Wir werden erst wieder zur Normalität zurückkehren können, wenn es einen Impfstoff gibt“, ist Feller überzeugt. Bis dahin dürfen Hotels nur 50 Prozent ihrer Zimmer belegen, müssen aber ihr Personal vorhalten. Ferienhäuser und –wohnungen dürfen nur einmal die Woche neue Gäste empfangen. Um den Überlebenskampf der Beherbergungsbetriebe und der Gastronomie zu unterstützen, ruht die Hoffnung auf der Solidarität und Kreativität aller Bad Bevenser.